Die Methodenwahl bei der Bewertung von Umweltauswirkungen
Norbert Brunner, Ingeborg Fiala, Johann Wimmer
Angewandte Umweltforschung Band 18
Die Frage, welche unter mehreren verfügbaren Technologien, welche Linienführungen einer Straße oder für die Bahn, welche Standorte für eine Anlage am „besten“ sind (die Umwelt am wenigsten belasten), bestimmt seit jeher die Praxis des Umweltschutzes. Jüngere Vorschriften, vor allem des Gemeinschaftsrechts, verstärken den Bedarf nach „optimalen“ Entscheidungen, wenn etwa die IVVU-Richtlinie den Einsatz der „besten verfügbaren Technik“ fordert, um „zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt insgesamt“ zu gelangen. Zwecks Klärung solcher Fragen wurden vielfältige „formalisierte“ (vorgefertigte) Methoden zur vergleichenden Bewertung der erwarteten Umweltauswirkungen von Vorhaben entwickelt. Beispiele sind die Kosten-Nutzen-Analysen, Nutzwertanalysen, Ökobilanzen oder ökologische Risikoanalysen.
Diese Verfahren werden auch von Behörden als Instrumente zur Vorbereitung von Entscheidungen eingesetzt. Dabei kommt es immer wieder vor, dass verschiedene mit einem Gutachten beauftragte Sachverständige wegen der Anwendung unterschiedlicher Bewertungsmethoden zu widersprüchlichen Beurteilungen bei der Auswahl des „besten“ Projekts gelangen. Der dann meist unausweichliche Methodenstreit führt beim Beobachter zum Verdacht, dass formalisierte Bewertungsverfahren trotz ihrer scheinbaren wissenschaftlichen Strenge erhebliche Gestaltungsspielräume bieten. Es stellen sich die nahe liegenden Fragen: Welche „Freiheiten“ haben Gutachter bei der Durchführung von Bewertungen? Können Manipulationen bei der Bewertung aufgedeckt werden? Kann man die „Gültigkeit“ von Bewertungsverfahren überprüfen?
Aus dieser Problemstellung heraus beschäftigt sich die Studie mit Bewertungsverfahren, die vorgegebenen methodischen Regeln folgen und deren Ziel es ist, eindeutige (und quantitativ in Form einer Güteeinstufung ausgedrückte) Aussagen über die Umweltauswirkungen von Projekten zu geben. Die meisten der Überlegungen sind nicht nur auf Behörden anwendbar, sondern allgemein auf Entscheidungsträger/innen mit hohem Anspruch an die „Gültigkeit“ der Entscheidung.
Da die bei umweltbezogenen Entscheidungen auftretenden Fragen sich nicht grundsätzlich von Problemstellungen unterscheiden, wie sie auch bei betriebswirtschaftlichen und politischen Entscheidungssituationen vorkommen, kann dabei auf den Erkenntnisstand der Wirtschafts- und Politikwissenschaften zurückgegriffen werden. In diesem Rahmen wird das Gültigkeitsproblem auf axiomatische Unmöglichkeitsbetrachtungen reduziert.